Foto der Habilitationspreisträgerin PD Dr. Sarah Schulz
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PD Dr. Sarah Schulz

Habilitationspreis der Philosophischen Fakultät

Studien zur Entwicklung des Jeruslamener Hohepriesteramtes vom 6. Jahrhundert v. Chr. bis zum 2. Jahrhundert v. Chr.


Anhand biblischer und außerbiblischer Quellen rekonstruiert Sarah Schulz in ihrer Habilitationsschrift die Geschichte des Jerusalemer Hohepriesteramtes vom 6. Jh. v. Chr. bis zum 2. Jh. v. Chr. Das Amt des Jerusalemer Hohepriesters gehört zu den zentralen Institutionen für die Religionsgeschichte Judas in der Perserzeit und der hellenistischen Zeit, die in dieser hinsichtlich der Ausbildung diverser „Judentümer“ entscheidenden Phase zugleich eine Art Brennpunkt für die identitätsbildenden Prozesse und die damit einhergehenden theologischen Diskurse im zeitgenössischen antiken Judentum darstellt. Entstanden im Zusammenhang mit dem Bau des Zweiten Tempels Ende des 6. Jh. v. Chr. (oder kurz danach), existierte das Amt nahezu ununterbrochen fort bis 70 n. Chr. Während dieser langen Phase veränderte sich sein Profil zusammen mit den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Strukturen in Judäa, das unter der Herrschaft und dem Einfluss wechselnder Mächte (Perser, Ptolemäer, Seleukiden) stand. Dass sich das Amt des Jerusalemer Hohepriesters im Lauf der Zeit zu einem politischen Führungsamt entwickelte – einem Amt, dessen Inhaber nicht nur exklusive Autorität in kultischen Angelegenheiten hatte, sondern darüber hinaus hegemoniale Macht für sich beanspruchen konnte, die es ihm ermöglichte, politische Prozesse zu steuern und zu beeinflussen – lässt sich spätestens im Rückblick von der Herrschaft der Hasmonäer aus betrachtet feststellen, die als Hohepriester den Königstitel für sich beanspruchten.

Sarah Schulz rekonstruiert in ihrer Arbeit die Entwicklung dieses Amtes, indem sie für die Fragestellung relevante biblische und parabiblische Texte literarisch analysiert und deren (religions-)historischen Kontext anhand der verfügbaren Quellen (vor allem des archäologischen Befundes der sog. Jehud-Münzen sowie außerbiblischer judäisch-jüdischer, hellenistisch-jüdischer oder hellenistischer Schriftzeugnisse) zu erhellen sucht.

Sie stellt mit ihrer Arbeit die etablierte Hypothese, dass sich das Jerusalemer Hohepriesteramt bereits in der Perserzeit oder der frühen hellenistischen Zeit zu einem politischen Leitungsamt entwickelte, in Frage und entwickelt eine eigene Hypothese zur Geschichte dieses Amtes. Entscheidend dafür ist, dass die relevanten biblischen Texte, die sonst meist wenig differenziert in der Perserzeit bzw. der frühen hellenistischen Zeit verortet werden (vor allem Hag und Sach 1–8; Esr 1–6; Gen 14; Ps 110), über einen langen Zeitraum von der mittleren Perserzeit bis zur hasmonäischen Zeit entstanden sind. Durch die Kombination dieses differenzierten literargeschichtlichen Befundes mit der Analyse der außerbiblischen Quellen lässt sich plausibel machen, dass die Politisierung des Jerusalemer Hohepriesteramtes erst im 2. Jh. v. Chr., und somit sehr viel später als gemeinhin angenommen, eingesetzt hat. Dies könnte dafür sprechen, dass nationale Selbstbestimmung und politische Souveränität keine Aspekte waren, die bei der Konstruktion kollektiver jüdischer Identität in der Perserzeit und der frühen hellenistischen Zeit eine zentrale Rolle spielten. Die Arbeit eröffnet somit neue Perspektiven auf ein zentrales Phänomen der (Religions-)Geschichte des antiken Judentums.

Vita


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