Beitrag der Studierendenvertretung

Aydan Eda Simsek und Selim Kücükkaya von der Studierendenvertretung sprechen zu ihrer FAU.

Aydan Eda Simsek und Selim Kücükkaya von der Studierendenvertretung sprechen zu ihrer FAU


Aydan Eda Simsek und Selim Kücükkaya mit Bauhelmen.
Bild: FAU/Kurt Fuchs

Liebe Lehrende und Mitarbeitende, Liebe Studierende, Liebe Gäste,  Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Söder,

unser Uni-Präsident hat bereits das Wichtigste verkündet. Aber auch wir möchten den Anlass nutzen, der Universität und der WISO zu gratulieren. Alles Gute zum 276. Geburtstag, liebe FAU! Und alles Gute zum 100. Geburtstag, liebe WISO! Es gibt aber nicht nur diesen runden Geburtstag zu feiern. Unsere Volluniversität hat im Bereich der Lehre, Forschung und auch durch uns, die Studierendenvertretung, herausragende Leistungen vorzuweisen.

Angefangen mit der jüngsten Errungenschaft: unsere FAU ist wieder die innovativste Uni Deutschlands! Und wie feiert man so eine Nachricht am besten? Nein, nicht mit Sekt; wir stoßen an mit dem FAU-Bier „Innovator“. Übrigens: eine weitere bedeutsame Errungenschaft.

Als Studierendenvertretung haben wir auch etwas zu feiern: Unser Zentrum, der Hauptort des studentischen Engagements an der FAU, wird derzeit endlich renoviert. Wir hoffen, dass der Übergabetermin – nach mehreren Verzögerungen – nun endlich im Februar stattfinden kann.
Auch für die Philosophische Fakultät und Fachbereich Theologie gab es gute Nachrichten. Nach langem hin und her wurde der Himbeerplast endlich gekauft. 2023 ist es nämlich so weit, der Umzug aus den baufälligen Gebäuden steht an! Auf dem ersten Blick scheint es der Universität besser denn je zu gehen.

Auf dem zweiten Blick ergibt sich aber ein anderes Bild. Zwar ist der Himbeerplast gekauft, doch noch stehen keine Gelder für die nötigen Umbauarbeiten und den Umzug zur Verfügung. Und das, obwohl 2023 die Betriebsgenehmigungen der PhilFak auslaufen. Etwa 9000 Studis sind dann auf die Räume im Himbeerpalast angewiesen.

Schon vor einigen Jahren gab es „subtile“ Hinweise auf die schlechte Bausituation an eben dieser Fakultät. Die Decke in der “klassischen Archäologie“ stürzte in Teilen ein. „Realer Irrsinn“ – wie auch die Sendung Extra 3 von der ARD empfand. Seitdem hat sich nicht viel getan. Es wurde zwar versucht, die gravierendsten Schäden zu beheben, doch es gibt noch unzählige Baustellen.

So wird schwangeren Mitarbeiterinnen empfohlen, einige Gebäude aufgrund einer zu hohen PCB-Belastung zu meiden. Das Kollegienhaus, eines der prächtigsten Universitätsgebäude in der Erlanger Innenstadt, weist ebenfalls bröckelnde Decken auf. 5 Räume mit Platz für 800 Studierende sind in diesem Semester nicht nutzbar. Am Campus Regensburger Straße gibt es ähnliche Probleme wie an der PhilFak: Auch dort muss man sehr bald umziehen, aber niemand weiß bisher wohin. Wir befürchten, dass in Zeiten des Lehrkräftemangels hier auch keine Lehrerinnen und Lehrer mehr ausgebildet werden können.

Nun klingt das so, als wären die Probleme weit weg vom heutigen Abend. Doch muss ich Ihnen leider mitteilen, dass auch dieser Hörsaal seine besten Jahre hinter sich hat. Die Decke ist undicht, bei Regen tropft es sogar in den Hörsaal hinein.
Man könnte meinen, dass man nur ein „echter FAU Studi“ ist, wenn man Angst haben muss, während der Vorlesung entweder durch Deckenteile oder Regenwasser getroffen zu werden.

Die Süddeutsche Zeitung titelte erst kürzlich: „Die Uni Erlangen ist so marode wie innovativ“; aus unserer Sicht passt das sehr gut. Manche nehmen das vielleicht so hin – aber wir Studierenden haben beschlossen, nicht länger tatenlos rumzusitzen.

Vielleicht haben Sie es schon mitbekommen oder mal in der Zeitung gelesen, dass wir in den letzten Monaten verschiedene innovative Aktionen zum Spendensammeln organisiert haben. Während das vordergründige Ziel „nur“ die Finanzierung von neuen Steckdosen in unserer Bibliothek war, so ging es doch eigentlich um viel grundlegendere Probleme: Unterfinanzierung, der enorme Sanierungsrückstau und das Wegschauen von Seiten der Landespolitik.

Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit haben wir bekommen, genauso wie die Gelder für unsere Steckdosen – wohlgemerkt: keine Gelder des Freistaats. Denn dieser Freistaat, dessen Aufgabe es ist, die bayerischen Universitäten ausreichend zu finanzieren und solche Missstände wie in diesem Raum zu beheben, dieser Freistaat investiert stattdessen Millionen in neue Prestigeprojekte wie den Aufbau der TU Nürnberg, KI-Professuren und Wasserstoff-Forschung.

Verstehen Sie mich nicht falsch, wir unterstützten jegliche Förderung von Spitzenforschung. In Zeiten der Klimakrise, weltweiter Konflikte und anderer Herausforderungen brauchen wir diese mehr denn je. Aber wie – Herr Ministerpräsident – sollen wir hochspezialisierte Forschung und Lehre betreiben, wenn wir den Einsturz oder die Schließung unserer Einrichtungen befürchten müssen?

Uns ist klar, dass Ihre versprochenen Gelder nicht von heute auf morgen überwiesen werden können und selbst wenn, dass sich die Probleme nicht sofort in Luft auflösen. Doch die Zeit drängt: Mit jeder weiteren verströstenden Floskel werden die Lern- und Lehrbedingungen schwieriger/unmöglicher.

Anders als es teilweise dargestellt wird, ist den Studis an der FAU ihre Universität nicht egal. Das sieht man daran, dass Studierende im vergangenen Semester auf eigene Faust ein Klimaschutzkonzept für ihre Universität erstellt haben. Das sieht man dran, dass hunderte Studis beim Critical Run von einem baufälligen Gebäude zum nächsten gelaufen sind, um ein Zeichen zu setzen. Und nicht zuletzt sieht man das daran, dass meine Kommilitoninnen und Kommilitonen Tag für Tag viel Zeit aufbringen und dabei ihre Lehrveranstaltungen verpassen, um für die Zukunft ihrer Universität zu kämpfen.

So marode die Infrastruktur auch ist, so innovativ und kreativ wissen die Universitätsangehörigen damit umzugehen. Deshalb möchten wir nicht nur der FAU zum Geburtstag gratulieren, sondern auch ihren Mitgliedern dafür danken, dass sie die überalterten Hallen der Universität Tag für Tag und Jahr für Jahr mit Leben und Ideen füllen.

Wir hoffen, dass die bisherigen Versprechen eingehalten werden, damit wir dies noch viele weitere Jahre machen können – ohne Angst davor haben zu müssen, dass uns die Decke eines Tages auf den Kopf fällt.